Wenn die Schule zum Tatort wird: „Das Schweigen der Lehrer“

„Was ist denn überhaupt hier passiert? Ihr seid aber nicht alle verrückt geworden und habt euch gegenseitig beschuldigt, nachdem sich irgendwelche Abgründe in eurer Vergangenheit aufgetan haben, oder?“

Mit treffenderen Worten lässt sich dieses Theaterstück wohl kaum zusammenfassen. Und dass dieses Zitat von einem Charakter des Stücks selbst stammt, macht es umso besser. Denn genau das, der komplette Zusammenbruch jedes einzelnen Hauptcharakters, war das Ziel des Autors Andreas Kalhofer. Gemeinsam mit Sebastian Ruppert als Regisseur entwickelte er dieses Stück im Schulkontext. Denn was macht ein Lehrer sonst in seiner Freizeit, als ein Theaterstück über die Schule zu schreiben?

„Das Schweigen der Lehrer“ wurde während der bayrischen Herbstferien im Kinosaal 8 im Cineplex Passau aufgeführt. Zu den fünf Vorstellungen kamen über 250 Zuschauer, die sich offenbar an ihre eigene Schulzeit erinnert fühlen wollten.

// Der Schultag ist vorbei, die meisten Lehrer und Schüler sind bereits zuhause, als plötzlich eine Lawine die Schule verschüttet. Als wäre die Situation nicht schon dramatisch genug, bricht auf einmal die Direktorin (gespielt von Vera Glaser) tot zusammen. Die Konrektorin Theresa (Maike Kölpin), Sekretärin Leni (Michelle Schramm), Sportlehrer Konsti (Severin Böhm), Chemielehrerin Rita (Lena Brandner), Vertrauenslehrerin Melody (Eylem Kozak), Referendarin Liya (Janina Grunz) und Schülermutter Marla (Alexandra Kalhofer) erkennen schnell: Frau Gambon wurde vergiftet. Doch könnte tatsächlich jemand unter ihnen ein Mörder sein? Während alle versuchen, die Wahrheit herauszufinden, öffnen sich immer mehr ungeahnte Abgründe, und bald wirkt jeder der Anwesenden verdächtig. //

Das Stück beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Murder-Mystery-Elemente. Mit einem leicht ironischen Blick beleuchtet es die Strukturen des Bildungssystems und aktuelle Themen wie Gendern, Klimaproteste und den enormen Leistungsdruck im Schulwesen. Andreas Kalhofer fügt bei seiner Rede am Ende des Stücks hinzu: „Alle eventuelle Kritik zum Schulsystem im Stück ist natürlich völlig frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten zu vorherrschenden Problemen waren die Idee meines Bruders … falls jemand vom Schulamt anwesend sein sollte.“

Obwohl das Stück thematisch ernst ist, kam der Humor nicht zu kurz. Die Schauspieler waren teils selbst überrascht, wie viele Lacher es während der Vorstellung gab – manchmal an Stellen, die gar nicht explizit komisch geplant waren. Die Balance war hier entscheidend. Neben humorvollen Szenen, wie dem Auftauchen von drei vergessenen Schülern (Antonia Speth, Katharina Högl, Andreas Kalhofer), reihten sich auch stille Momente ein, die dem einen oder anderen Zuschauer Tränen in die Augen trieben. Andreas Kalhofer tritt das Lob ab. Er selbst sagt, dass er ohne Sebastian Ruppert seine konfusen Ideen nie auf die Bühne hätte bringen können.

Der Cast besteht aus aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Theaterszene der Universität Passau, die teilweise aus Städten wie Stuttgart, Hildesheim, Regensburg und München angereist sind. Die Proben fanden, wie im letzten Jahr getestet, ab Mitte Mai größtenteils online statt. Doch die Zuschauer bemerkten dies den Darstellern nicht an – das Zusammenspiel war in vielen Momenten harmonisch und intensiv.

Andreas Kalhofer zeigt mit diesem Werk eine andere Seite als in seinem letztjährigen Stück „Under College – Ein Theaterstück für Körper, Geist und Seele“. Anders als damals legt er dieses Mal neben dem Humor besonderen Wert auf tiefgründige Charaktere und eine deutliche Botschaft. Die Figuren und ihre Geheimnisse sind nicht nur spannend, sondern auch vielschichtig und sollen die Zuschauer zum Nachdenken über das Bildungssystem anregen.

Eine der größten Herausforderungen an der Bühne im Kino sind die Maße. Nach hinten haben die Schauspieler gerade einmal zwei Meter, wodurch durch Schultische und ein Regal schon einiges an Platz verschwindet. Dagegen ist die Bühne elf Meter lang. Dadurch passiert für die Zuschauer oft an mehreren Orten der Bühne gleichzeitig etwas, was zum schnellen Pacing des Stücks beiträgt. Oft reiht sich ein wichtiger Moment an den nächsten, sodass kaum Pausen auf der Bühne bleiben. Viele Zuschauer merkten daher nicht, wie die Zeit verging, und wünschten sich, noch mehr zu sehen. „Ich hätte gerne noch länger dagesessen und zugeschaut. Ich war völlig in der Geschichte drin“, sagte eine Zuschauerin am Ende des Stücks.

Andreas Kalhofer ist sich ziemlich sicher, dass man ihn nächstes Jahr wieder im Cineplex antreffen wird. Über ein konkretes Thema wird jedoch noch nichts verraten. Wenn ihr euch für die Gruppe und zukünftige Projekte interessiert oder selbst auf der Kinobühne stehen wollt, folgt doch dem Instagram-Account @unbenanntesprojekt. Dort gibt es alle Infos zu zukünftigen Castings und Projekten.

Alle Bilder wurden von Lara Held gemacht