„My gut feeling has been on an emotional roller coaster over the past couple of days.“
Mit diesen Worten beschreibt Allen Creech, Systemadministrator an der Duke University (North Carolina), seine Stimmung zur Wahlnacht in einem Interview. Das Interesse an dieser Wahl an der Universität Passau war überwältigend: Mehr als 700 Interessierte versammelten sich in zwei Hörsälen des Audimax – darunter viele Studierende, die sogar auf Treppen oder am Boden Platz nahmen, um noch dabei sein zu können.
Die Veranstaltung wurde von den Hochschulgruppen GoverNET – Staatswissenschaften Passau e.V. und der Bayerischen Sicherheitspolitischen Hochschulgruppe (BSH) organisiert. Unter dem Titel „Wahlnacht: US-Präsidentschaftswahlen“ bot der Abend spannende Einblicke in den Wahlausgang und die mögliche Zukunft der USA unter neuer Führung. „Ich hoffe von Herzen, dass es Harris wird. Aber mein Bauchgefühl sagt leider etwas anderes“, sagte ein Teilnehmer. Ein Gedanke, der an diesem Abend oft zu hören war.
Der Abend begann um 20 Uhr mit einer Podiumsdiskussion, die den globalen Einfluss der Wahl in den Mittelpunkt stellte. An der Diskussion beteiligten sich Dozenten wie Prof. Dr. Jeffrey S. Kopstein von der University of California, Dr. Joseph Klaver und Prof. Dr. Karsten Fitz, sowie Eva Rieger von der Universität Passau. Sie beleuchteten die innenpolitischen Herausforderungen dieser Wahl.
Von 22 bis 24 Uhr folgten Live-Schaltungen per Zoom zu US-Experten, die direkt über die Stimmung und aktuellen Entwicklungen berichteten. Dabei hob ein Experte die besondere Rolle der Swing States hervor: „Pennsylvania might be crucial in the voting process,“ sagte er und betonte die hohe Bedeutung dieses Bundesstaates.
Die entscheidenden „Swing States“ bei der US-Wahl 2024 umfassten Pennsylvania, Georgia, Michigan, Wisconsin, Arizona, Nevada und North Carolina. Diese Staaten waren hart umkämpft, da die Unterstützung für Republikaner und Demokraten dort etwa gleich groß ist, was die Wahl letztlich entschied. Einige Staaten wie Pennsylvania und Georgia, die zuletzt mehrfach den Wahlausgang beeinflussten, galten als besonders kritisch. Arizona und Nevada verzeichneten eine wachsende Latino-Wählerschaft, die stark von der Wirtschaftspolitik beider Parteien beeinflusst wird. Historisch spielt Pennsylvania oft eine „Kingmaker“-Rolle, da sein Wahlergebnis häufig den landesweiten Trend widerspiegelt.
Donald Trump konnte in dieser Wahl tatsächlich alle sieben Swing States für sich gewinnen. Insbesondere die Rückeroberung von Michigan, Pennsylvania und Wisconsin, die 2020 noch an Joe Biden gingen, zeigte eine politische Verschiebung zugunsten der Republikaner in diesen Regionen.
Gegen Mitternacht begann schließlich der dritte Teil der Veranstaltung: Die Anwesenden verfolgten gemeinsam die ersten Hochrechnungen über einen CNN-Livestream. Die Spannung war greifbar, als nach und nach die Ergebnisse eintrafen. Bis 2 Uhr morgens wurde die Stimmenauszählung verfolgt. Auch im Hörsaal wurde hypothetisch gewählt: Hier sprach sich die Mehrheit der Teilnehmenden bis 12 Uhr für einen Sieg von Kamala Harris aus.
Das letzte Wahllokal in den USA schloss schließlich um 7 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit. Das Ergebnis war am Morgen klar: Trump sicherte sich mit 312 Wahlmännerstimmen (75.142.705 Wähler/50,3 %) eine deutliche Mehrheit im Electoral College, während Kamala Harris auf 226 Stimmen (71.881.312 Wähler/48,1 %) kam.
Diese Veranstaltung bot Studierenden nicht nur die Möglichkeit, die Wahl live mitzuverfolgen, sondern vermittelte auch politikwissenschaftliche Einblicke und regte zur Reflexion über die Bedeutung der US-Präsidentschaftswahl für Europa und die Welt an.
Trumps Sieg und seine Rückkehr ins Weiße Haus könnten die Beziehungen zwischen den USA und Europa, besonders Deutschland, belasten. Seine nationalistische und unilaterale Außenpolitik kontrastiert die internationale Kooperation, die Biden gefördert hat. Die NATO-Partnerschaft könnte darunter leiden, da Trump erneut Druck auf Deutschland und andere NATO-Staaten ausüben könnte, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen.
Auch im Handel könnten Spannungen aufleben: Trump könnte auf protektionistische Maßnahmen zurückgreifen, die vor allem Deutschlands exportorientierte Wirtschaft betreffen würden, z.B. durch höhere Zölle auf Automobilimporte. Im Klimaschutz wird ebenfalls eine Abschwächung erwartet, da Trump wenig Interesse an internationalen Klimaverpflichtungen zeigt. Für Deutschland und die EU, die auf globale Klimaschutzmaßnahmen setzen, könnte dies problematisch sein. Auch die Ukraine-Politik könnte sich verändern, da Trump womöglich eine zurückhaltendere Haltung gegenüber Russland einnimmt und so die Sicherheitslage in Europa beeinflussen könnte.
Die Reaktionen auf Trumps Sieg in der US-Wahl 2024 fielen in den USA und Deutschland unterschiedlich aus. In den USA feierten seine Anhänger das Ergebnis als Möglichkeit zur „Wiederherstellung Amerikas“. Besonders in städtischen, liberalen Regionen sorgte der Sieg jedoch für Besorgnis: Viele befürchten eine Rückkehr zu einer polarisierenden Politik und Einschränkungen im Bereich Bürgerrechte und Klimaschutz.
In Deutschland waren die Reaktionen überwiegend skeptisch bis alarmiert. Deutsche Medien interpretierten den Wahlsieg als Anzeichen für eine mögliche Rückkehr zu Isolationismus und Nationalismus in den USA. Kommentatoren äußerten Sorge über die Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen sowie die Sicherheitspolitik, z.B. durch eine geringere US-Unterstützung für die Ukraine. Trotz der teils kritischen Töne betonte Bundeskanzler Olaf Scholz in einer diplomatischen Glückwunschbotschaft die lange Partnerschaft zwischen Deutschland und den USA und das Streben nach Stabilität in den Beziehungen.
Die Veranstaltung an der Universität Passau zeigte, wie stark das Interesse und die Emotionen gegenüber den politischen Entwicklungen in den USA auch hier in Deutschland sind. Studierende und Experten, die gemeinsam bis tief in die Nacht hinein mitfieberten, machten deutlich, dass diese Wahl mehr als nur ein transatlantisches Ereignis ist. Es bleibt die Frage, wie sich die politische Situation weltweit entwickeln wird.
Alle Bilder wurden von Jonathan Halbauer und Michelle Schramm gemacht
Quellen:
How world leaders are reacting to Trump’s election win – National | Globalnews.ca
‚The nightmare‘: Germany’s media react to Trump’s victory – DW – 11/07/2024
Where did Trump and Harris win? US Election 2024 results mapped state by state | The Independent
What are the seven swing states? Key areas of US election explained | US News | Metro News
Swing States 2024: Battleground States Map, List & Electoral Votes – POLITICO