Shakespeare mit Bravour gemeistert

Sechs Stücke, acht Schauspieler:innen, zehn Szenen und siebzehn Rollen in eineinhalb Stunden Bühnenspiel. An drei Abenden in der letzten Oktoberwoche hat der zweite Jahrgang der Passauer Athanor Akademie „Shakespeare“ geboten.

Als Universitätsstadt mit rund 20 Schulen gilt Passau sicherlich als einer der wichtigsten Standorte für Bildungsstätten in Niederbayern. Doch wohl die wenigsten Menschen denken dabei an eine Schule, die durchaus erwähnt werden sollte: die Athanor-Schauspielakademie in Grubweg.

Es mag wohl Zufall sein, dass im Passauer Opernhaus das Niederbayerische Landestheater „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ zeigt, eine britische Komödie aus den 1980ern, während der Schauspielnachwuchs Ähnliches auf die Bühne bringt: Schlichtweg „Shakespeare“ steht auf den Programmtafeln und -flyern in Lautschrift.

Immer wieder muss das Publikum lachen, aber auch ernste Szenen mischen sich in das Stück. Die acht Schauspieler:innen wechseln sich ab, manche haben mehr Szenen als andere, bedienten dafür entweder Technik und Licht oder gestalteten Kostüme und Bühnenbild. Ungewöhnlich an diesem von Projektleiter Christoph Schletz inszeniertem Schauspiel ist, dass die Darstellenden die Bühne nur dann verlassen, wenn sie ihr Kostüm für die nächste Szene wechseln. Haben sie eine Pause, sitzen sie auf Stühlen oder dem Sofa an der schwarzen Hinterwand der Bühne.

Die zehn Szenen zeigen eine moderne Adaption von „Sommernachtstraum“, „Wie es euch gefällt“, „Was ihr wollt“, „Othello“ und „Romeo und Julia“. Hoodie, Handy und Ausrufe wie „Digga!“ mischen sich unter historischen, wenn auch nicht ganz zur Epoche Shakespeares passenden Kostümen und zungenbrecherischen Dialogen. Ohne den Titel oder Shakespeare zu kennen, würden einige im Publikum sicherlich nicht die Handschrift des britischen Dramatikers erkennen.

Voller Körpereinsatz und Mimik zeigen die Leidenschaft des Schauspielnachwuchses: Die Bühnenkünstler:innen streiten, werfen sich zu Boden, schneiden Grimassen und führen Choreografien auf, die wie Tänze anmuten.

Es bleibt die Musik zu erwähnen: Benedikt Buchecker (alias Niklaus Zettl) steckt Jawad Jafari (Peter Squenz) und das Publikum mit diesem Ohrwurm an: „It’s raining men“ von „The Weather Girls“. Malaika Lermer (Silvius) stimmt mit Olga Tomkowiak (Phoebe) „Can’t help falling in love with you” des Rock’n’Roll-Königs Elvis Presley an. Eigentlich spielt sie nicht Ukulele, doch für das Stück hat Malaika Lermer einige Akkorde geübt, um Tekla Farkas (Rosalinde) und Olga Tomkowiak (Orlando) zu begleiten, als sie „You’re The One That I Want“ aus Grease performen. Bis auf Bucheckers scherzhafte Einlage ein Hörgenuss.

Die einzigen kleinen Makel einer ansonst bravourösen Vorstellung sind ein verhaspelter Satz und ein verschlucktes Wort, die nur denjenigen auffielen, die genau hinhörten. Begeistert hat das Talent von Olga Tomkowiak, welche die erste Hälfte zunächst passiv an der schwarzen Bühnenwand sitzt und erst in der zweiten ihr Können zeigt: Ob als liebeskranker Orlando, dominante Phoebe oder Hausmädchen Emilia, die im Monolog Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen anprangert – ihre emotionale Spielart bringt das Publikum zum Lachen, Mitfühlen und Nachdenken. Die Leistung der jungen Talente und Dozenten würdigten die knapp drei Dutzend Zuschauer:innen mit anhaltendem Applaus.

Fotonachweis: Athanor Akademie