Chaos in Mandarinien – „Der Nackte Wahnsinn“ an der Uni Passau 

In dieser Aufführung ging alles drunter und drüber Foto: Michelle Schramm

Eine Theaterhochschulgruppe, die eine Schauspielgruppe spielt, welche vom Pech verfolgt wird. Die Regisseurin führt nicht nur mit der zweiten Hauptdarstellerin, sondern gleichzeitig auch mit der Regieassistentin eine Affäre. Der Bühnenmeister hat seit zwei Tagen nicht geschlafen. Eine Schauspielerin ist dauerhaft betrunken. Die Nächste verliert ständig ihre Kontaktlinsen in ihren eigenen Augen. Und ein anderer Darsteller fällt bereits bei der Erwähnung des Wortes „Blut“ um.

Ein Akteur fasst die Gesamtsituation treffend zusammen: „Morgen ist Premiere, wir hatten nur vierzehn Tage zum Proben, wir wissen überhaupt nicht, wo’s langgeht, aber mein Gott, seien wir ehrlich, wer weiß das schon?“ 

Mit diesen optimalen Voraussetzungen kann die bevorstehende Premiere doch nur ein voller Erfolg werden. Oder? 

Die Hochschulgruppe „Act!“ wagte sich dieses Wintersemester an die Komödie in drei Akten „Der Nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn. Unter der Regie von Samuel Sarcher und Klara Murphy entstand im IT-Zentrum der Universität Passau eine rund dreistündige Aufführung, bei welcher das Publikum nicht aufhörte, zu lachen. 

Das Stück beginnt mitten in der Generalprobe der Schauspielgruppe. Ziemlich schnell wird klar, dass die meisten weder ihre Texte noch ihre Auftritte kennen. Auch, wie bestimmte Requisiten von einem Punkt zum anderen kommen, ist unklar. Des Weiteren bereitet das Bühnenbild ein paar Probleme. Einige der Türen lassen sich nicht öffnen, andere nicht mehr schließen. Somit hat der übernächtigte Inspizient und Bühnenmeister Tim (gespielt von Lukas Buchinger) keine ruhige Minute. Auch der Regieassistentin Poppy (gespielt von Katharina Mittrop) ist kein Glück gegönnt. Andauernd weisen sie alle anderen zurecht.

Und dabei wäre die geplante Aufführung des Stückes schon komisch genug: Haushälterin Mrs Clackett will es sich im Haus ihres Arbeitgebers vor dem Fernseher gemütlich machen, als Makler Roger Tramplemain mit seiner Geliebten Vicki auftaucht. Kaum hat Mrs Clackett dieses Problem gelöst, stehen die Hausbesitzer Mr. und Mrs. Brent vor der Tür.

Während Schauspieler Freddy (gespielt von Tjalf Eydeler) die Beweggründe seiner Rolle Philip noch nicht ganz verstanden hat, steht die Regisseurin Megan (gespielt von Klara Murphy) kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Darstellerin Belinda (gespielt von Aurelia Stoffel) versucht alles, um sie zu beruhigen und gleichzeitig die Fauxpas der Anderen zu verteidigen. Schauspielerin Dotty (gespielt von Alica Kippel) bringt in ihrer Rolle der Haushälterin Mrs. Clackett die Abläufe durcheinander, wie etwa “Wann lege ich das Telefon auf? Wann bringe ich den Teller Mandarinen auf die Bühne?” Ihr Freund Garry (gespielt von Luis Kreher) pflichtet ihr stets bei allen Missgeschicken bei, während die Meisten keinen blassen Schimmer haben, wovon er eigentlich spricht. Seine Spielpartnerin Brooke (gespielt von Maxima Scheweck) ist die meiste Zeit geistig abwesend, solange sie nicht zum wiederholten Male ihre linke Kontaktlinse weiß Gott wo verloren hat. Von Schauspielerin Selsdon (gespielt von Anastasia Bojarskich) fehlt lange Zeit jede Spur. 

Der Rest der Probe verläuft nicht weniger problematisch. Im zweiten Akt bekommt das reale Publikum einen Einblick hinter die Kulissen, während der katastrophalen Premiere des Stückes. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass alle Darsteller in einer der letzten Aufführungen im dritten Akt psychisch am Ende waren.

Während die Zuschauenden in diesem Stück von der Bühnendarbietung wahrscheinlich äußerst verwirrt gewesen sein mussten, bot sich dem Publikum der Universität Passau eine unfassbare Unterhaltungsshow. 

Regisseur Samuel Sarcher erzählte im Gespräch mit spaetschicht.tv NEWS, wie er auf die Idee für die Auswahl dieses Stückes gekommen ist. „Ich habe das Stück damals in München gesehen und fand es so fantastisch inszeniert, dass es mir einfach in Erinnerung geblieben ist.“ Zur Frage nach der Atmosphäre bei den Aufführungen antwortete er: „Wir hatten das Gefühl, dem Publikum einen unterhaltsamen Abend zu liefern, vor allem nachdem nach der Premiere die ganze Nervosität weg war.“

Und mit diesem Gefühl lag die Theatergruppe “Act!” absolut richtig. Man kann nur gespannt sein, was sie als nächstes auf die Bühne bringen werden. Aber dass es wahrscheinlich erneut eine Komödie sein wird, wurde schon verraten.