Willkommen in den Untiefen der menschlichen Seele

Alles im Leben hat zwei Seiten. Es gibt nicht nur Richtig oder Falsch, Hell oder Dunkel, Stärke oder Schwäche. Kein Wesen ist nur Gut oder Böse. Aber was passiert, wenn sich jemand in dieses Gleichgewicht einmischt – und es für immer durcheinanderbringt?

Mit diesem spannenden Thema hat sich die Hochschulgruppe „Theaterschmiede“ dieses Jahr mit ihrem Stück „Jekyll & Hyde“ beschäftigt. Dazu wurde sich der Originalroman von Robert Louis Stevenson, „Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ (1886), zur Vorlage genommen und von Regisseurin Lara Fischer auf ein Theaterstück umgeschrieben.

Das Stück erzählt von der angesehenen Londoner Ärztin Dr. Harriett Jekyll (gespielt von Flora Schulz). Sie entwickelt ein Elixier, das ihre dunkle Seite freisetzen kann, welche sie Mrs. Elle Hyde (Marlene Wetzl) nennt. Hyde verkörpert alles Böse und Unmoralische in Jekyll und beginnt, durch ihre Taten Unheil zu stiften. Die Geschichte wird größtenteils aus der Perspektive von Jekylls Freund, dem Rechtsanwalt Gabriel John Utterson (Jenny Stöter), erzählt, der versucht, das Geheimnis hinter Hyde und Jekyll zu enthüllen. Im Verlauf des Stückes werden die Geheimnisse um die Identität von Jekyll und Hyde sowie deren Verbindung allmählich aufgedeckt, und die Konsequenzen von Jekylls Experimenten deutlich.

Die Geschichte spielt mit den Themen der Dualität der menschlichen Natur, der Verlockung des Bösen und den moralischen Grenzen der Wissenschaft. Sie führt den Zuschauer durch ein Labyrinth aus Geheimnissen und offenbart schließlich die dunklen Abgründe der menschlichen Seele.

Das Regieduo, bestehend aus Lara Fischer und Hannah Bruckbauer, gab es in dieser Konstellation das erste Mal. Für Hannah war es ihr Regiedebüt, Lara hingegen brachte einiges an Erfahrung mit, nachdem sie bereits über fünf Jahre als Regieassistentin in verschiedenen Theatern, darunter das Landestheater Niederbayern, gearbeitet hatte. Laut eigenen Aussagen kannte 99 Prozent des Casts die Universität, jedoch hatte nur ein Prozent Erfahrung im Theater.

Die Entscheidung für „Jekyll & Hyde“ war keine spontane Wahl. Ursprünglich wurden verschiedene Ideen, von Wedekinds „Frühlings Erwachen“ über Shakespeare-Stücke bis hin zu Agatha Christie, diskutiert. Die Auswahl fiel schließlich auf „Jekyll & Hyde“, nachdem sich Lara durch Sherlock Holmes Bücher mit dem viktorianischen England auseinandersetzte.

Da im letzten Stück, „Käpt´n Wellbrock und das Ende von Lux-21“, alle Weltraumkostüme selbst gemacht worden waren, entschied man sich dieses Mal klar dagegen. Stattdessen wurde das viktorianische England lediglich angedeutet. Auch das Bühnenbild selbst blieb sehr minimalistisch. Dafür gab es im Gegensatz dazu eine regelrechte Requisitenschlacht und über 100 verschiedene Lichteinstellungen.

Ein bemerkenswertes Element war das Farbkonzept, das mit nur drei Farben arbeitete: Vier Darstellerinnen in Schwarz, Zwei in Weiß und Eine in Rot. Das spiegelte sich auch im Bühnenbild wider. Ein großer schwarzer Schreibtisch, zwei weiße Stühle und eine rote Tür. All das trug ungemein zu einer unheimlichen Atmosphäre bei.

Die Adaption des Stücks zeigte eine große kreative Anpassung. Interessanterweise werden hier, anders als in vielen anderen Produktionen, die Rollen von Jekyll und Hyde von zwei verschiedenen Personen gespielt. Lara Fischer hatte sofort eine Antwort auf das Warum: „Beim Schreiben war mir sofort klar, dass die beiden Charaktere zu unterschiedlich sind, als dass das mit einer Person möglich wäre.“

Auf die Frage nach einem Nachfolgeprojekt erwiderte die Regie mit Humor: „Schlaf und Urlaub“.

Die Aufführungen von „Jekyll & Hyde“ finden am 15., 16., 17. und 18. November jeweils um 20 Uhr in der Kulturcafete im Nikolakloster an der Universität Passau statt.

Eindrücke:

Bilder: Michelle Schramm