Live-Theater im Kino?! – Ein „Unbenanntes Projekt“ im Cineplex Passau

Der gesamte Cast vor der letzten Vorstellung im Cineplex Passau.
Foto: Michael Dobler

Der Name begann mit einer amüsanten Verwechslung in einer WhatsApp-Gruppe. Als der Regisseur und Autor des Stücks, Andreas Kalhofer, ein paar Logo-Vorschläge in die Gruppe warf, ahnte niemand, dass ein einfacher Dateiname eine witzige Verwirrung auslösen würde. Einer der Darsteller dachte, dieser Dateiname sei bereits der Gruppenname – und das alles wegen eines maskierten Gesichts im Logo. So wurde aus einem simplen Missverständnis die Geburtsstunde des „Unbenannten Projekts“ – eine Anekdote, die das Stück genauso einzigartig macht wie seine Geschichte.

Für dieses besondere Projekt fand man den perfekten Aufführungsort im Cineplex Passau. Jeden Abend der Woche vom 06. zum 12. November wurde der Kinosaal 8 zum Schauplatz für die Theatergruppe. Diese Gelegenheit wurde durch die Unterstützung von Andreas Vesper, dem Betreiber des ProLi, und den Mitarbeitern des Cineplex ermöglicht.

Die Vorstellung „Under College – Ein interaktives Theaterstück für Körper, Geist und Seele“, inszeniert von Andreas Kalhofer und Sophia Heckmann, gab den Zuschauern die Gelegenheit, Essie Fisher auf ihrem Undercover-Einsatz zu begleiten. 

Seit Neuestem kursieren Drogen am Padua College, und für die in Verruf geratene Polizistin Essie Fisher ist dieser Einsatz ihre letzte Chance, ihre Karriere zu retten. Durch Abstimmungen navigieren die Zuschauer Essie durch die komplexen College-Cliquen, um das Rätsel der im Umlauf befindlichen Drogen zu lösen. Im Verlauf des Stücks treffen die Zuschauer auf eine Vielzahl von Charakteren, die man sich aus bekannten Highschool- und Collegefilmen der 1990er und 2000er Jahre vorstellen kann. Ob chaotische Gruppen wie sportbegeisterte Footballer, intrigante Cheerleader, rollenspielende Nerds oder nonkonformistische Theaterkids, aber auch Einzelpersonen wie eine linksradikale Hausmeisterin, ein schleimiger Bruderschaftsanführer, eine hundeversessene Anwältin und eine bekiffte Dauerstudentin begleiten Essie auf ihren Ermittlungen. 

Die Zuschauer übernehmen hierbei die Verantwortung für das (Happy) End des Stücks. Der besondere Bühnenaufbau (designend von Sebastian Ruppert) ermöglichte es Essies personifizierten Gedanken, dargestellt durch die Charaktere Körper, Geist und Seele, stets den Überblick über das Geschehen zu behalten und sich über mögliche Handlungen auszutauschen. In diesen Momenten blieben die Figuren auf der Bühne stehen, bis die Gehirnzellen von Essie – die Zuschauer – eine Entscheidung trafen. Anhand dieser wurde die Szene entsprechend verändert und konnte Essie entweder einen Hinweis für den Fall oder einen Plus-, aber auch einen Minuspunkt für ihre emotionale Gesundheit bringen. Dadurch kam es vor, dass jede Vorstellung etwas anders war und einige Zuschauer sogar mehrfach kamen, um andere Szenen sehen zu können. Am Ende konnten tatsächlich über 280 Tickets verkauft werden.

Insgesamt konnte der Fall in fünf Aufführungen vier Mal gelöst werden. Der Hinweisdurchschnitt lag bei 8,2 von 15 möglichen Punkten. Essies Lebensfreude lag im Mittelwert bei 4,2. Das Publikum war also ermittungstechnisch ziemlich begabt. Über die fragwürdigen Entscheidungen von Beleidigungen über Verrat von Freuden lässt sich aber streiten.

Die Idee für dieses Stück existierte bereits seit 2020, wurde aber erst dieses Jahr realisiert. „Es ist unmöglich zu sagen, wie lange der Schreibprozess am Ende gedauert hat. Sicherlich über 400 Stunden. Man denkt ja schließlich immer darüber nach“, sagte Kalhofer. Er leitete einst die Theatergruppe „KultLaute“ an der Universität Passau, schrieb die Stücke dafür selbst oder bezog sich vage auf vorhandenes Material. Seit 2020 gibt es die Gruppe nicht mehr. Kalhofer ist mittlerweile Grundschullehrer, doch die Leidenschaft für das Theater hat ihn nie ganz losgelassen.

Für dieses Projekt wurden sowohl ehemalige Mitglieder von „KultLaute“ als auch aktuelle Studierende der Uni Passau versammelt. Dadurch kam es zustande, dass der zwanzigköpfige Cast nicht nur aus Passau, sondern auch aus München, Regensburg, Hildesheim und Chemnitz zusammenkam. Deswegen fanden die Proben hierzu ausschließlich online über Zoom statt, mit Ausnahme eines Probenwochenendes in München im Oktober. „Es war viel zu leicht, Leute zu finden, die bei diesem Projekt mitspielen wollen. Ich dachte wirklich, es würde viel schwerer werden“, sagte Kalhofer. „Möglich war dieses Stück nur dank vieler wunderbarer Personen, die viele (falsche) Entscheidungen getroffen haben. Aber ohne Sandra (seine Frau und Darstellerin der Figur „Seele“) wäre das Projekt nicht zustande gekommen. Sie hat nicht nur beim Skript mitberaten, sondern sich auch alle meine Ideen angehört und mir ehrlich gesagt, was sie von allem hält. Dafür kann ich mich nicht genug bedanken“, betonte Kalhofer.

Falls ihr euch für weitere Background-Informationen interessiert, wissen wollt, wer der Schuldige des Stückes war oder weitere Bildereindrücke sehen wollt, dann könnt ihr der Gruppe auf Instagram folgen. (Unbenanntes Projekt)