Auf Spurensuche im Nikolakloster: Agatha Christies „Das Spinnennetz“ auf der Bühne

Der gesamte Cast mit ihrer Regie. Foto: Gruppe „Verspielt“

Angenommen, ich gehe in mein Wohnzimmer und finde dort eine Leiche. Was würde ich dann tun? Was zuerst als Gedankenexperiment beginnt, soll für die junge Frau Clarissa Hailsham-Brown (Johanna Bender) bald Realität werden. Sie stolpert in ihrem eigenen Haus fast über den toten Oliver Costello (Lucia Haas) – ausgerechnet der neue Mann der Exfrau ihres Gatten. Jetzt steht sie vor einem Problem: Soll sie die Polizei rufen und damit riskieren, den Diplomaten-Job ihres Mannes Henry (Teresa Neißendorfer) zu gefährden, oder gibt es Alternativen?

Kurzerhand fasst sie einen Plan und ruft ihre besten Freunde vom Golf-Club zu sich – ihren Onkel Sir Rowland Delahaye (Magnus Tüller), den Friedensrichter Hugo Birch (Chrissi Taubenhuber) und den jungen Jeremy Warrender (Korbinian Baumgartner). Gemeinsam sollen sie ihr helfen, die Leiche im nahen Marsden Woods verschwinden zu lassen, in Costellos Wagen, den er glücklicherweise bei den Stallungen stehen gelassen hatte. Clarissa hat allen Vieren in der Zwischenzeit ein Alibi verschafft: Sie befinden sich mittlerweile in der dritten Runde Bridge. 

Als die Leiche gerade aus dem Haus geschafft werden soll, klingelt es plötzlich an der Haustür. Kurzerhand müssen die Komplizen umdisponieren und den Toten mithilfe einer Geheimtür hinter dem Bücherregal verstauen. Sie wägen sich ziemlich sicher, als Clarissa mit den neuen Gästen im Wohnzimmer erscheint, doch auf einmal steht nun die Polizei (Zilia Landes & Jessica Butsch) im Haus der Hailsham-Browns, informiert über einen Mordfall.

Die Figuren beginnen nun ein Spiel von Vertuschung und Halbwahrheiten, und verstricken sich dabei immer weiter in einem Spinnennetz aus Lügen. Clarissa versucht unter allen Umständen, ihre kleine Stieftochter Pippa (Ciara Foley) aus der Sache herauszuhalten. Denn das Mädchen hatte selbst gestanden, Schuld an Olivers Tod zu sein. Als dann tatsächlich auch noch die Leiche in der Nische gefunden wird, steht ihnen allen das Wasser bis zum Hals. 

Und einige zentrale Fragen bleiben selbstverständlich bestehen: Was gibt es so Wertvolles in dem Haus, dass sich dafür ein Einbruch lohnt? Was stimmt eigentlich mit dem Butler Elgin (Andreas Kalhofer) und der Gärtnerin Ms. Peake (Eyls Kozak) nicht? Und vor allen Dingen, wer hat Oliver Costello tatsächlich umgebracht?

Das Publikum wird in diesem Stück dazu gebracht, selbständig Hinweise zu kombinieren. 

Denn sicher ist nur Eines: Keiner gibt sich hier so, wie er scheint.

Bereits in der Pause konnte man einem regen Austausch und wilden Theorien lauschen. Ist es so, wie in beinahe jedem klassischen Kriminalroman, und es war der Butler? Steckt einer der Freunde mit drin oder sogar alle gemeinsam? Oder war es etwa die Gärtnerin, die ja in der Tat gemeinsam mit Oliver Costello und ihrer Heckenschere das Haus verließ? Und noch wichtiger: Wer hat, in Gottes Namen, die Polizei informiert?

Die Theatergruppe „Verspielt“ präsentierte das Stück „Das Spinnennetz“ von Agatha Christie gleichermaßen spannend und komödiantisch. Die Schauspielenden brillierten nicht allein durch den Text des Stückes, sondern vor allen Dingen durch ihr nonverbales Spiel, das im Publikum einige Lacher hervorbrachte. 

Besonders beeindruckend war die Umsetzung der Geheimtür. Dafür wurde ein Regal auf einer Drehbühne (gebaut von Sebastian Ruppert) befestigt, wodurch die Darstellenden tatsächlich hinter der Bühne verschwinden konnten. Das gesamte Bühnenbild war von Andreas Kalhofer konzipiert worden, der die Drehbühnen bereits in seinem letzten Regie-Stück „Under College“ einsetzte.

Das Regie-Trio, bestehend aus Lara Held, Helen Fauser und Johanna Bender, kann wirklich zufrieden mit seiner Leistung sein. Die rund dreistündige Vorstellung war zu keiner Sekunde langweilig und die Publikumsreaktionen während und der Applaus nach der Aufführung sprechen definitiv für sich.

Lara Held ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Das Projekt hat, sagt sie, sehr viel Spaß gemacht und ihre anfänglichen Vorstellungen um einiges übertroffen.

Vier Mal wurde die Kulturcafete des Nikolaklosters in der Woche vom 15. zum 21. Januar zum Schauplatz dieser Kriminalkomödie. 

Man kann nur gespannt sein, was die Theatergruppe im nächsten Semester auf die Beine stellen wird. 

Eindrücke:

Bilder: Lara Held